Recht-Lokal
Scheidung online?
Warum nicht unkompliziert und ohne große „Lauferei“ bequem vom häuslichen Schreibtisch aus? Es nützt aber nichts: Selbst die einvernehmlichste Scheidung ist per Internet rechtlich und praktisch nicht möglich. Nach dem Verfahrensgesetz für Familiensachen (FamFG) ist für einen Scheidungsantrag zwingend anwaltliche Vertretung und das persönliche Erscheinen der Ehegatten vor dem Amtsgericht vorgeschrieben.
Dennoch stößt man beim Surfen im Internet auf verschiedensten Seiten auf eingestreute Angebote, die mit der „Scheidung online“ werben. Folgt man dem Link wird dann durch eine irgendwo ansässige Anwaltskanzlei u. a. damit gelockt, dass bei einvernehmlichen Scheidungen bei dem zuständigen Gericht durch Herabsetzung des Verfahrenswertes auf eine Kostenreduzierung hingewirkt werden kann. Für ein solches Ansinnen gibt es keine rechtliche Grundlage. Es bleibt vor allem die Frage, ob man in der Folge von einem kompetenten Anwalt vor Ort sachgerecht vertreten wird. Dies gilt dann ebenso für verschiedene Vermittlungsangebote im Internet. Es gibt Anbieter, die auf Webseiten, z. B. einer Zeitung/Zeitschrift, mit der Klärung von Rechtsfragen oder u. a. mit einem „Abfindungsrechner“ werben und sogleich anbieten, kurzfristig bei einen der besten Anwälte vor Ort einen Termin zu vermitteln. Praktisch geschieht das dann so, dass verschiedene Anwälte per E-Mail ein Angebot erhalten. Die Annahme des Angebots ist allerdings für den Rechtsanwalt kostenpflichtig. Er muss sich verpflichten, von seinem zukünftigen Honorar an den Anbieter eine Zahlung zu erbringen. Des Weiteren wird derjenige Anwalt vermittelt, der am schnellsten das Angebot des Anbieters annimmt und bereit ist, das verlangte Vermittlungsentgelt zu zahlen. Es bleibt somit dem Zufall überlassen, mit welchem Rechtsanwalt ein Kontakt zustande kommt.
Die angesprochenen Angebote klingen, was die Zeitersparnis und vermeintliche Kostenreduzierung betrifft, verlockend.
Wer ein rechtliches Problem hat, sollte allerdings – soweit es fallbezogen angebracht ist – zuerst bei Verwandten, guten Freunden oder vertrauenswürdigen Arbeitskollegen nachfragen, ob sie selbst oder über Dritte positive Erfahrungen zu Anwaltskanzleien aus dem näheren Territorium vermitteln können. Des Weiteren sollte der persönliche Eindruck, der über eine Internetpräsentation gewonnen werden kann, Berücksichtigung finden. Neben der unmittelbaren Sucheingabe, können dafür auch die verschiedenen Anwaltssuchdienste genutzt werden. Ebenso ist das wohl nach wie vor in jedem Haushalt vorhandene örtliche Telefonbuch für eine erste Orientierung, z. B. zu einem bestimmten Fachgebiet, hilfreich.
Roland Scholz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht
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